Jahreslosung 2019: „Suche Frieden und jage ihm nach!“ (Ps 34,15)


Ich muss gestehen: Ich habe gern Recht. Böse Zungen behaupten, dass ich rechthaberisch sei, aber das ist mir gleich oder sollte ich sagen: Das ist mir ganz recht. Dieses gute Gefühl, auf der richtigen Seite zu sein, in einem Streit oder Disput am Ende zu gewinnen – all dem kann ich eine Menge abgewinnen. Ist wohl so, wenn man mit drei Geschwistern und davon zwei meinungsstarken Schwestern aufwächst. Aber auch in der Schule, Studium, Beruf und Gemeinde ist es schon immer so, dass ich einer Diskussion nicht aus dem Weg gehe, sie gar suche. Nicht selten hörte ich von meinem Gegenüber am Ende den Satz: „Du hast Recht und ich meinen Frieden.“ Prima, sind also alle zufrieden.

 

Ich hadere deshalb mit der Jahreslosung, aber das ist vielleicht ganz gut so (nicht nur für mein soziales Umfeld). Gehen wir demnach dem Satz, der über diesem Jahr stehen soll, auf den Grund. Die erste Überraschung war für mich der Autor des Satzes: König David. Für meine Begriffe war er nicht gerade für Friedfertigkeit bekannt, weshalb er ja u.a. auch nicht den Tempel in Jerusalem bauen durfte, sondern erst sein Sohn Salomo. Die zweite Überraschung: Der Satz ist kein Bibelvers, sondern nur ein Teil des 15. Verses von Psalm 34. Er lautet in Gänze: „Wendet euch ab vom Bösen und tut Gutes. Bemüht euch, mit anderen in Frieden zu leben.“ (Übersetzung: Neues Leben). Dies klingt weniger metaphorisch, also bildhaft wie die Luther-Übersetzung, aber sie macht vor allem eines deutlich: Frieden fliegt uns nicht zu, sondern muss aktiv verfolgt werden.

Für mich bemerkenswert ist dabei der Umstand, dass vor dem Frieden das Streben nach dem Guten steht, wir also nicht friedlich zusammenleben können, wenn wir uns nur Böses tun und wünschen. Deutlich wird hier, dass es an uns liegt, Frieden zu schaffen, wir können nicht auf andere hoffen und warten, sondern müssen selbst unseren Teil dazu beitragen. Dieser Friede, der hier gemeint ist, ist demzufolge auch kein göttlicher Friede, sondern eben einer, den wir Menschen untereinander herbeiführen müssen. Dies betont der Apostel Paulus auch noch einmal in seinem Brief an die Gemeinde in Rom (vgl. Röm 12,18).

Somit ist dieser kurze Vers für jeden und jede von uns eine individuelle Herausforderung im Alltag und jeden Tag aufs Neue relevant, sodass ich mittlerweile denke, dass dieser Satz sich doch ganz gut als Jahreslosung eignet. Für mich hieße das wohl, ab und an meinen Standpunkt nicht weiter zu verfolgen oder auf meinem Recht zu beharren, sondern im Interesse der gemeinsamen Beziehung auch einmal nachzugeben, weniger zu nerven und friedlicher zu sein. Ich nehme es mir für 2019 vor.

Stefan Klein