Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit,
auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt;
nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut,
weder Anfang noch Ende.

Prediger 3,11


Darf es eigentlich so etwas wie Lieblingsverse in Gottes Wort geben? Wenn ja, dann hättet ihr hier meinen. Jedenfalls sind das hier Worte, die mich schon lange begleiten, mir selbst Hoffnung geben, mich der Nähe meines Schöpfers versichern.

 

Mir sind diese Worte so lieb geworden, dass sie bei mir auf der ersten Seite der Bibel noch mal per Hand geschrieben stehen. (Vielleicht auch, weil ich lange dazu gebraucht habe, mir die zugehörige Stelle zu merken, aber den Vers nicht vergessen wollte). Aber inzwischen rütteln diese Worte mich auch auf. Das hat 2 Dimensionen – von einer davon möchte ich euch heute berichten.
Was diesen Vers von Salomo auch einzigartig macht, ist die Formulierung in der Mitte, die ich in dieser Form an anderer Stelle der Bibel noch nicht wiedergefunden habe: Er (also Gott) hat die Ewigkeit in ihr (der Menschen) Herz gelegt. Klingt mir so, als geht es um den Menschen, also um alle Menschen, die auf dieser von Gott so schön gemachten Erde hier leben.
Da hat also Gott selbst etwas in unser Herz gepflanzt, was in jedem von uns eine Ahnung von seinen Zeiträumen und seinen Möglichkeiten erzeugt. Und ich bin davon überzeugt, dass daraus eine tiefe Sehnsucht entspringt, die in jedem Menschen brennt – und zwar eine Sehnsucht nach Gott.
Ja, ich glaube, dass jeder Mensch in seinem tiefsten Innern unentwegt auf der Suche ist. Und zwar nach Gott. Oder nach dem, was Gott für den Menschen eigentlich ist: der Schöpfer, das Gegenüber, das Ziel der in mir brennenden Sehnsucht, letztlich das Ende der Unruhe in mir. Zu allem hinzu kommt dann noch das Wichtigste: Die Erlösung von Schuld und Sünde, also von allem, was mich in diesem Leben von diesem Ziel trennt.
Und wer diese tiefe Sehnsucht nicht mit der Gemeinschaft mit Gott stillt, wird dies anders tun. Weil da eben eine Lücke klafft. Wird anderes zu Gott erheben. Wird anders die Erlösung suchen. Aber in seinem Herzen keine Ruhe bekommen und immer weiter auf der Suche sein.
Am Anfang des Jahres habe ich ein Buch des tschechischen Priesters Tomáš Halík studiert, dass mich diesbezüglich (immer noch) sehr herausfordert, vielleicht auch die Linien dieses Verses ein wenig weiter auszieht: Eigentlich sind alle Menschen auf dem Weg zu Gott, haben ihn eben nur noch nicht gefunden oder erkannt. (Oder – wie der Vers auch sagt – können ihn nicht erkennen.) Der Autor nimmt allenfalls die davon aus, die sich in einem bewussten Atheismus gegen Gott gewendet haben. Alle anderen suchen eigentlich Gott und sind unsere Schwestern und Brüder in spe. Auch wenn sie vordergründig Gott ablehnen und sich ihm nicht nähern möchten. Ganz so weit habe ich gedanklich noch nicht folgen können, aber meine Begegnungen mit Menschen verändern sich eben gerade.
Warum Menschen nicht glauben wollen oder können, hat vielfältige Gründe und würde diesen Rahmen hier sprengen.
Was in jedem Falle bleibt, ist die Liebe, die Jesus den Menschen entgegengebracht hat. Er hat den Menschen über Gottes Reich erzählt und sie damit auch immer vor eine Entscheidung gestellt. Aber eben nicht nur das. Zachäus kannte er mit Namen und wusste genau, was er brauchte, ehe er ihn vom Baum heruntergebeten hatte; er hat dem reichen Jüngling ins Herz geschaut und ihn voll Liebe angesehen, auch wenn der sich dann abgewendet hat; er hat die Lebensumstände der Frau am Jakobsbrunnen in unnachahmlich seelsorgerlicher Art mit ihr besprochen. Andere hat er über Jahre begleitet und zu Jüngern gemacht, immer wieder. Wieder anderen hat er mit seiner göttlichen Kraft die soziale Not gewendet, manche davon sind ihm dann nachgefolgt.
Machen wir uns die Mühe, die Sehnsüchte der Menschen wirklich kennenzulernen, die uns und die Jesus am Herzen liegen? Das braucht mehr als nur kurze Begegnungen. Das braucht den Blick in ihr Herz. Und vielleicht auch den Blick meines Gegenübers in mein Herz. Wie lebe ich mit Gott? Wo darf mich Gott verändern, wo korrigiert er mich? Darf der andere meine Sehnsüchte kennen, auch die unerfüllten? Wenn mein Innerstes auf Gott baut, dann kann das Vertrauen übertragen.
Immerhin deutet der letzte Teil des Verses an, dass es zumindest eine Herausforderung ist, Gottes Schöpfung und sein Vorgehen mit dem Verstand zu erfassen. Am Ende braucht es dieses Vertrauen, mit ihm die ersten Schritte zu gehen. Schließlich geht es um nichts weniger als ein komplett neues Leben mit einem neuen Herrn im Haus. Erst dann gibt sich Gott zu erkennen und ist erlebbar. So zumindest könnte man Johannes 7,17 verstehen.
Lasst uns auf Suchende zugehen - auch wenn sie sich so nicht bezeichnen würden. Am besten so wie Jesus, der zu Zachäus aufgeschaut und nicht herabgeschaut hat - als er ihm die Liebe Gottes nahebrachte, dabei alle anderen auf der Dienstreise nach Jerusalem stehen ließ und sich unter Murren seiner Begleiter und der Umstehenden dann allein um den gehassten Zöllner kümmerte. Wir wissen, dass am Ende der Begegnung Begeisterung, tiefe Freude und ein um gekrempeltes Leben stand (Lukas 19). Vielleicht bekommen wir dann ein Gespür dafür, dass Gott die Ewigkeit in ihr Herz gelegt hat, auch wenn sie das im Augenblick (noch) nicht erfassen können.

Thomas Cziesla