Monatsspruch Februar 2017
Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: „Friede diesem Haus!“
Lukas 10,5

Dieser Vers verwundert. Ich habe mich gefragt, weshalb er zu einem Monatsspruch gewählt bzw. gelost wurde, erscheint er doch wenig erbaulich oder eine tiefere Wahrheit zu vermitteln - ganz im Gegenteil: Meinen Schülerinnen und Schülern würde ich (zumindest in der Oberstufe) sagen, dass dieser Vers sehr schön die appellative Funktion von Sprache verdeutlicht, also zu einer Tat auffordert. Aber ist es dann damit getan?

Natürlich nicht, wie so oft bei Bibelversen. Ich habe mir dazu ein Gedankenexperiment geleistet: Was wäre, wenn wir diesen Vers wörtlich nähmen und einfach einmal in die Tat umsetzten? Ich ginge also wie immer allmorgendlich in die Schule, beträte das Lehrerzimmer und sagte: „Friede diesem Haus!“ Die Gesichter meiner Kolleginnen und Kollegen (von den Schülerinnen und Schülern ganz zu schweigen) stelle ich mir doch sehr überrascht, perplex und verwundert vor. Was also soll dieser Vers bezwecken, wenn sein Sinn nun wirklich nicht darin besteht, uns lächerlich zu machen?

Wie so oft kommt es auf den Kontext an, in welchem der Vers steht. Dabei habe ich auch andere Übersetzungen berücksichtigt und siehe da, es gibt durchaus andere Möglichkeiten, diesen Vers ins Deutsche zu übertragen. So heißt es in der „Neues Leben“-Übersetzung: „Wann immer ihr ein Haus betretet, segnet es.“ Das klingt schon anders, irgendwie schlüssiger. Nimmt man dann noch den Zusammenhang des Verses dazu, erhellt sich das Verständnis immer mehr: Jesus sandte 72 Jünger aus, die von Haus zu Haus ziehen und das Evangelium verkündigen sollten. „Wie Lämmer unter die Wölfe“ (V. 3) wurden dabei die Anhänger Jesu gesandt. Zugegeben, nicht die schönste Vorstellung von Mission und Zeugesein für Gott.    
Und doch erkennen wir uns hier am ehesten wieder: Wir leben auch heute als Christen in einer Welt, die dem Evangelium meist gleichgültig, aber auch oft feindlich-ablehnend gegenübersteht. Dabei nehme ich bewusst einen internationalen Blick ein und sehe nicht nur unsere Komfort-Situation hier in Deutschland. Aber auch wir kennen das, dass man auf unbekanntes, unangenehmes oder auch gefährliches Terrain gerät und dann sich bewähren muss. Die Bibel gibt uns hier eine klare Handlungsanweisung, wobei wir wieder bei der appellativen Funktion wären: Wann immer es brenzlig oder unangenehm wird, sollen wir Segen aussprechen. Ja, auch Segen über Wölfe, die uns nichts Gutes wollen und uns stattdessen lieber verschlingen würden.
Oft überlegen wir, wie wir solchen Wölfen die Zähne ziehen oder wie wir das Aufeinandertreffen mit ihnen vermeiden könnten. Beides ist aber gar nicht unsere Aufgabe, sondern es liegt an uns, Segen auszusprechen, sobald wir „Feindkontakt“ haben. Vor ein paar Jahren war ich einmal in solch einer Situation und wurde auf diesen von mir auszusprechenden Segen von einem Mitglied meiner damaligen Gemeinde hingewiesen. Erst war es seltsam, so zu denken und auch zu handeln. Doch es hat etwas bei mir bewirkt: Ich ging schon ganz anders in Situationen hinein, wo der Wolf auf mich lauerte.
Gefressen hat er mich nicht. Ich als Lamm habe dabei erfahren dürfen, dass unser Denken stark unser Verhalten und Handeln beeinflusst. Genau darauf zielt Jesus mit seinen Worten ab: Wenn wir Gutes aussprechen, Segen spenden, Frieden verkünden, dann heißt das nicht immer, dass uns dies auch im Gegenzug widerfährt. Aber wir rüsten rhetorisch ab und geben anderen und somit am Ende uns selbst eine Chance, die vielleicht so nicht entstehen könnte - sei es in der Mission, im Privaten, im Job und auch in der Gemeinde.

Stefan Klein