Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen
und die Alten ehren und sollst dich
fürchten vor deinem Gott; ich bin der Herr.
3. Mose 19,32

Dem jungen Baum ist kaum bewusst, dass es die großen Bäume um ihn herum sind, welche ihn beim Heranwachsen vor den Stürmen des Lebens bewahren. Er sieht nur die starken, scheinbar unbeweglichen Stämme um sich herum.

Klar will er schnell hoch hinaus, um an das Licht ganz oben zu kommen.Da scheinen ihm die Alten oft im Weg zu stehen und er wird versucht sein, einfach durchzubrechen. Erst beim Wachsen nach oben wird er merken, dass es besser ist, sich nicht gleich dem stärksten Wind auszusetzen und dass es gut ist, dass das breite Astwerk der Krone von einem stabilen Stamm und einer kräftigen, tief verankerten Wurzel getragen wird.
Ich bin mittlerweile auch in einem Alter angekommen, in dem die eigene Baumkrone - um im Bild zu bleiben - schon manche Prüfung hinter sich hat. Und doch begegne ich immer wieder Menschen, die in ihrem Leben schon ganz andere Stürme ausgehalten haben oder ertragen mussten. Wenn Menschen davon erzählen und ihre Lebenserfahrung teilen, wenn man entdeckt, dass eine kräftige Wurzel und ein stabiler Stamm keineswegs Starrheit bedeuten, sondern die Basis für die Flexibilität der Krone in den Stürmen des Lebens bilden, ist das etwas Besonderes. Gemeinde ist wie eine Familie. Sie besteht aus Alt und Jung, was sicher nicht immer einfach ist. Als junger Mensch ist man schneller, trifft manche Entscheidungen optimistischer und ist eher für etwas zu begeistern. Da versteht man oft nicht, warum die Älteren manchmal anders denken und entscheiden. Gegenseitiges Verstehen und Akzeptieren will immer wieder neu geübt sein.
Aber auch Menschen mit grauen Häuptern waren einmal jung. Sie haben Erfahrungen gemacht und wissen manches nun tatsächlich besser als früher. Oft hat Gott diese Menschen ein ganzes Leben begleitet. Und so kann man davon ausgehen, dass es nicht nur Besserwisserei, sondern Weisheit und Glaubenserfahrung ist, die einem begegnet. Es ist ein besonderer Schatz, Bäume mit solchen Wurzeln
um sich zu wissen.

Der Monatsspruch für den März entstammt einem Abschnitt der Bibel, der sich mit Grundregeln des gemeinsamen Lebens befasst. Er weist uns darauf hin, dass diese Lebensleistung nicht gering zu schätzen ist, sondern Achtung und Dankbarkeit verdient. Genau genommen ist es nicht nur eine Anregung, sondern ein Gebot.
Mit dem Groß- und Starkwerden der jungen Bäume, mit ihrer zunehmenden Kraft können die Älteren ihre Kronen aus dem Wind nehmen und sich unter den Schutz der Jüngeren, nun starken, zurückziehen. Es ist wichtig, dass in der Gemeinde Jüngere Verantwortung von Älteren übernehmen und Letztere so weiter Heimat und Geborgenheit haben. So kann man den „grauen Häuptern“ Dankbarkeit, Achtung und Liebe entgegenbringen.
Bei einer Umfrage in unserer Gemeinde gehörte es zu den wirklich frohmachenden Erfahrungen, dass auf die Frage, was man an dieser Gemeinde besonders schätzt, die Antwort kam, das Alt und Jung zusammen unterwegs sind, und das von Alt und Jung.

Matthias Wank